Abschied vom professionellen Radsport - Eine Reise voller Leidenschaft und Herausforderungen1/3/2025 Nach über 21 Jahren aktiver Sportkarriere und 16 bewegenden Jahren als Radprofi ist es Zeit, Abschied zu nehmen. Heute verkünde ich meinen Rücktritt vom internationalen Spitzensport – eine Entscheidung, die mich einerseits traurig macht, da ich immer 365 Tage im Jahr dafür gebrannt habe, aber mich trotzdem mit Dankbarkeit und Vorfreude erfüllt. Die Highlights meiner Karriere Meine Radsportlaufbahn war geprägt von schönen Erfolgen. Der Gesamtsieg der UCI Track Champions League, zahlreiche Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften, Weltcupsiege und mehrfache Teilnahmen an der Tour de Suisse, bei der ich stolz das Bergpreisleadertrikot tragen durfte – nur einige der Meilensteine, auf die ich mit Stolz und Freude zurückblicke. Die überwältigende Resonanz aus der Radsportszene hat mich tief berührt – eine Wertschätzung, die mir bis dato gar nicht so bewusst war. Über die Jahre hinweg durfte ich nicht nur sportliche Erfolge feiern, sondern auch eine Persönlichkeit entwickeln, die von Respekt geprägt ist. Besonders erfüllend waren für mich immer die Momente, in denen ich meine Erfahrungen an jüngere Athletinnen und Athleten weitergeben konnte. Die Förderung von Talenten und das Näherbringen junger Sportler an den Bahnradsport waren mir stets eine Herzensangelegenheit. Jede Etappe, jeder Wettkampf hat mich geprägt und zu dem Menschen gemacht, der ich heute bin. Höhen und Tiefen Es gab Momente des unbeschreiblichen Glücks, aber auch grosse Herausforderungen. Zahlreiche Verletzungen prüften meine Widerstandsfähigkeit – zum Glück heilten sie immer wieder. Eine besonders kritische Phase erlebte ich 2022 mit einem Schädel-Hirntrauma. Monatelang kämpfte ich um meine Genesung, unterstützt durch professionelle medizinische Hilfe. Meine grösste Stärke war dabei stets: Nie aufzugeben. Ohne diesen unbändigen Willen hätte ich es nie zurück an die Spitze geschafft. Ein neues Kapitel beginnt Von der Radrennbahn auf die Schiene – ein Bubentraum wird nun Wirklichkeit. Während meiner Trainingseinheiten wurde meine Faszination für die Eisenbahn immer grösser. Die schönen Züge der BLS, die freundlichen Grüsse der Lokführer – all das hat meine Leidenschaft für meinen neuen Weg geweckt. Mit dem gleichen Enthusiasmus, mit dem ich Rennen fuhr, werde ich die Ausbildung antreten und selber bald Züge steuern. Dank an alle Weggefährten Mein tiefster Dank gilt meinen Familien, meiner geliebten Freundin Marie-Lise, meinen engsten Freunden und meinem langjährigen Trainer und Förderer Bruno Diethelm. Ohne eure unermüdliche Unterstützung wäre dieser Weg nicht möglich gewesen. Mein Dank gilt auch allen Fans und Unterstützern, die mich all die Jahre begleitet haben. Und keine Sorge – der Radsport wird mich noch nicht ganz verlassen. Sofern es meine Ausbildung zulässt, werde ich voraussichtlich im nächsten Sommer noch bei Steherrennen auf der Offenen Rennbahn in Zürich-Oerlikon zu sehen sein. Der Radsport wird immer ein Teil von mir bleiben – in meinem Herzen, in meinen Erinnerungen. Aber nun freue ich mich darauf, neue Wege zu erkunden, neue Träume zu leben und mit der gleichen Leidenschaft voranzufahren, mit der ich Rennen gefahren bin. Auf eine neue Reise! Mit Dankbarkeit und Vorfreude, Claudio
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Im Rahmen der ersten Runde der diesjährigen UCI Track Champions League auf Mallorca, strahlte der Sender Eurosport einen Beitrag über mich aus. Darin ging es vor allem um meinen Weg zurück an die Spitze und wie wichtig mentale Gesundheit und Unterstützung im Leistungssport ist: Leider bin infolge eines schweren Unfalls, welcher sich am 1. März während Aerodynamik-Tests im Tissot Velodrome in Grenchen ereignete, noch immer rekonvaleszent. Der ganze Unfallhergang verlief äusserst unglücklich und wäre mit einer angemessenen Sorgfaltspflicht zu verhindern gewesen. Nach einem heftigen Aufprall auf den Kopf wurde ich mit der Ambulanz ins Bürgerspital Solothurn transportiert. Berichten zufolge habe ich ziemlich viel Blut verloren, da ich auf der Stirn und auf der Nase tiefe Schnittwunden vom Visier des Zeitfahrhelms hatte. Diese wurden mit insgesamt dreizehn Haftnähten zusammengenäht. Dazu war auch meine Nase multifragmentär gebrochen. Das schlimmste jedoch war das Schädel-Hirntrauma, welches ich mir zugezogen hatte und mich noch einige Zeit begleiten würde. Zum Glück kann ich mich nicht mehr an die ersten viereinhalb Stunden nach dem Unfall erinnern, worüber ich nicht wirklich traurig bin. Ich möchte mich ganz herzlich bei allen, welche mich direkt nach dem Unfall und auch im Verlauf der Reha so tatkräftig unterstützt haben, bedanken. Auch sehr habe ich mich über die diversen Krankenbesuche gefreut, das war jedes Mal ein Aufsteller. Die ersten beiden Wochen nach dem Unfall sind schnell erzählt. Ich benötigte sehr viel Ruhe und war nicht zu viel mehr im Stande, als zu liegen. Dauerhaft wurde ich von starken Kopfschmerzen, Schwindel und Übelkeit geplagt. Dazu kam noch eine mühsame Schlaflosigkeit – ein typisches Symptom eines Schädel-Hirntraumas. Dementsprechend sehnte ich mich jede Nacht auf den neuen Tag. Auch mein Kurzzeitgedächtnis und meine Konzentrationsfähigkeit liess in den ersten beiden Wochen zu wünschen übrig. Dank spezifischen neurologischen Übungen bekam ich das Ganze wieder in den Griff und bin froh, dass ich mittlerweile wieder klar denken kann. Auf das intensive Verfolgen der Radrennen habe ich während der vergangenen Zeit bewusst verzichtet. Es hätte mir zu viel Herzschmerz bereitet, wenn ich gesehen hätte, was ich alles verpasst habe und auch noch verpassen werde.
Nebst den Bahn-Schweizermeisterschaften, der Istrien- und der Normandie-Rundfahrt, wurde mit der Zeit auch eine Teilnahme am ersten Bahn-Weltcup in Glasgow und an der Tour de Romandie äusserst unrealistisch. Ich hoffe nun, dass ich möglichst bald wieder einen geregelten Trainingsalltag aufnehmen kann und auch bald wieder ganz symptomfrei sein werde. Prognosen kann man bei Kopfverletzungen leider keine machen, aber ich sehne mich sehr danach, meine Passion hoffentlich bald wieder vollumfänglich ausführen zu können. Nach einem wirklich sehr kräfteraubenden Herbst mit den schönen Erfolgen an den Europameisterschaften, den Weltmeisterschaften und in der UCI Track Champions League war ich nicht nur körperlich sehr müde, auch mein Kopf benötigte ganz dringend etwas Ruhe und Abstand vom ganzen Zirkus. Selbst in meinem bereits schon sehr erfahrenen Rennfahreralter bin ich immer wieder von neuem erstaunt darüber, wieviel mentale Energie jeweils fliessen muss, damit man an Grossanlässen am Tag X die bestmögliche Leistung abrufen und mit dem teils grossem Druck umgehen kann. Darum verbrachte ich nach dem letzten Wettkampf kurz vor Weihnachten zusammen mit meiner Freundin Marie-Lise ein paar ruhige Tage in den Walliser Bergen. Es war einfach nur traumhaft schön und wir konnten zusammen neue Energie für's neue Jahr tanken. Nach einem angenehmen Rutsch ins neue Jahr begann ich in der Neujahrswoche mein Training zuhause im Thurgau, ehe ich zusammen mit meinem Teamkollegen für zwei Wochen in die portugiesische Algarve-Region reiste, um bei etwas wärmeren Bedingungen bei immer strahlendem Sonnenschein wichtige Basiskilometer für die anstehende Saison zu sammeln. Zum Abschluss unseres Trainingslagers reisten wir innerhalb von Portugal ins etwa 500km nördlicher liegende Anadia in der Nähe von Porto, wo wir vom 21.-23. Januar unsere ersten Bahnwettkämpfe des Jahres bestritten. Nachdem ich erst seit rund zweieinhalb Wochen zurück im Trainingsalltag war, verliefen die Rennen zum Teil etwas harzig, dennoch konnte ich mir in meiner Paradedisziplin 4000m Einzelverfolgung mit einem ansprechenden Lauf den Sieg erkämpfen. Zurück in der Schweiz musste ich mein Training den hier herrschenden Witterungsbedingungen etwas anpassen. Deshalb verbrachte ich ein paar Tage in der Sonnenstube im Tessin, wo ich einen sehr guten Ausdauerblock abspuhlen konnte. Ansonsten genoss ich es auch in vollen Zügen, das Training vom Rad auf die Langlaufskis zu verlagern. Zusammen mit meinem Jugendfreund Yves Hofmann (ex-Langläufer und Radrennfahrer) ist es immer wieder eine grosse Freude, die Loipen unsicher zu machen. Hoffentlich gibt es in den kommenden Wochen noch einmal ein bisschen Schnee in der Höhe, damit es noch für ein paar Einheiten reicht, bevor dann wieder der Frühling kommt. Diese Woche bin ich zum ersten Mal im neuen Jahr wieder auf unserer Heim-Rennbahn im Tissot Velodrome in Grenchen. Ich freue mich auf ein paar qualitative Einheiten. Ich wünsche euch allen eine schöne Woche! |
CLAUDIOS BLOGLaufend werde ich euch hier über die aktuellen Geschehnisse informieren. Archiv
January 2025
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